§ 33 Abs. 1+2 BetrVG

Korrekte Beschlussfassung

Ehe man daran denken kann, Beschlüsse zu fassen, mus die "Beschlussfähigkeit" gesichert sein. Ein Betriebsrat ist dann in der Lage, rechtswirksame Beschlüsse zu fassen, wenn...
  • ordnungsgemäß zur Betriebsratssitzung eingeladen wurde (§ 29 BetrVG)
  • zum Zeitpunkt der Beschlussfassung mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder anwesend ist (das sind bei 9 Mitgliedern also mindestens 5).
Allein das genügt aber nicht in jedem Fall - denn:
Immer wenn auch nur ein Betriebsratsmitglied (oder das stellvertretende Ersatzmitglied) fehlt, muss der Betriebsratsvorsitzende nachweisen können, dass er alles Menschenmögliche unternommen hat, um ein komplettes Gremium zusammenzubekommen (zur ordnungsgemäßen Einladung der Ersatzmitglieder, siehe § 29 BetrVG)!
Ist bei der Einladung zur Betriebsratssitzung irgendetwas schief gegangen (wurde z.B. im Vertretungsfall ein Ersatzmitglied nicht eingeladen oder war die Tagesordnung zu inhaltsleer), dann kann es sein, dass später in einem Streitfall alle Beschlüsse aus dieser Sitzung als rechtsunwirksam angesehen werden.
Das zu beachten, ist umso wichtiger, weil...
...ein Betriebsrat für fast alles, was er in Ausübung seines Amts tut, als Grundlage einen korrekten Beschluss braucht!
Neben der Beschlussfähigkeit gehört dazu, dass jeder Beschluss vor der Abstimmung als Antrag genau und schriftlich formuliert wird (schon wegen des Protokolls§ 34 BetrVG). Auch wenn es mehrere Alternativanträge gibt, müssen alle zur Abstimmung gestellten Varianten aufgeschrieben / protokolliert sein (siehe auch: "Sitzungsleitung" und "Beschlussfassung").
Ganz gleich, ob nur ein Antrag zur Abstimmung steht oder mehrere, in jedem Fall muss der Leiter der Sitzung den vorgeschriebenen Ablauf genau einhalten. Dabei helfen kurze Abläufe: für das immer einzuhaltende Verfahren hier und für die Abstimmung über mehrere Beschlussalternativen hier...
Die meisten Beschlüsse des Betriebsrats können mit einfacher Mehrheit gefasst werden!
Die einfache Mehrheit der Stimmen ist dann erreicht, wenn die Mehrheit der anwesenden Betriebsratsmitglieder einem Antrag zugestimmt hat - Beispiel:
In einem komplett zusammengekommenen 9-köpfigen Betriebsrat müssen auf einen Antrag mindestens 5 Stimmen entfallen, damit er angenommen ist. Sind nur 5 Mitglieder erschienen (gerade noch beschlussfähig) genügen 3 Ja-Stimmen. Sind 6 Mitglieder anwesend, werden 4 Stimmen für die Mehrheit gebraucht.
Etwas komplizierter ist es, wenn Betriebsratsmitglieder sich der Stimme enthalten - Beispiel:
In einem komplett zusammengekommenen 9-köpfigen Betriebsrat bekommt ein Antrag 4 Ja-Stimmen, 3 Mitglieder stimmen mit Nein und 2 Mitglieder enthalten sich der Stimme.
In diesem Fall gilt:
Der Antrag ist abgelehnt, obwohl er mehr Ja- als Nein-Stimmen bekommen hat! Der Grund: Er hat nicht die Mehrheit der anwesenden Betriebsratsmitglieder erreicht!
In der Praxis bedeutet das:
Jede Enthaltung zählt faktisch als Nein-Stimme!
Anders ausgedrückt: Im Betriebsrat ist es einfach Unsinn, sich der Stimme zu enthalten. Man kann und sollte darauf grundsätzlich verzichten.
Noch ein Spezialfall:
Hat ein Betriebsratsmitglied vor Beginn der Abstimmung den Raum verlassen (z.B. um eine Zigarette zu rauchen), zählt seine Nicht-Teilnahme an der Abstimmung nicht als Enthaltung (also als Nein-Stimme), sondern es hat einfach ein Betriebsratsmitglied weniger an der Abstimmung teilgenommen.
Nicht immer genügt die "einfache" Mehrheit. In einigen Fällen muss für eine Beschlussfassung die Mehrheit aller Betriebsratsmitglieder (also nicht nur die der anwesenden) erreicht werden. Dies gilt in folgenden Fällen:
Ansonsten gilt:

Beschlüsse des Betriebsrats sind nur dann mit Sicherheit rechtswirksam, wenn:

  • Die Mitglieder des Betriebsrats persönlich in Form einer Präsenzsitzung zusammen gekommen sind,
  • unter Beachtung der Vorschriften des § 30 Abs. 2 und 3 BetrVG Betriebsratsmitglieder in Form einer Video- oder Telefonkonferenz teilnehmen (sie gelten dann als anwesend) und
  • die Beschlussfähigkeit besteht

Das ist aus folgendem Grund wichtig:
Es wäre zwar theoretisch möglich, Beschlüsse zu fassen, auch ohne dass die Betriebsratsmitglieder persönlich zusammengekommen sind, eine Meinungsbildung durch Diskussion wäre dabei aber nicht oder nicht in ausreichendem Maße möglich.
Deshalb:
Der Betriebsrat darf keine Beschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren oder durch das nacheinander erfolgende Anrufen der Betriebsratsmitglieder fassen! Solche Beschlüsse wären von vornherein rechtsunwirksam!

§ 33 Abs. 1+2

(1) Die Beschlüsse des Betriebsrats werden, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst. Betriebsratsmitglieder, die mittels Video- und Telefonkonferenz an der Beschlussfassung teilnehmen, gelten als anwesend. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.
(2) Der Betriebsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt; Stellvertretung durch Ersatzmitglieder ist zulässig.

Musterbriefe & Co.

Auf dieser Seite sind Vorlagen für folgende Arbeitshilfen verlinkt: Vorlagen zur Protokollierung von Beschlüssen siehe § 34 Abs. 1 BetrVG