§ 27 Abs. 2+3 BetrVG

Übertragung von Aufgaben

Zunächst ist festzuhalten:
Während in einem kleineren Betriebsrat die "laufenden Geschäfte" des Betriebsrats dem Betriebsratsvorsitzenden übertragen werden können (§ 26 Abs. 2 BetrVG), ist in einem Betriebsratsgremium mit 9 oder mehr Mitgliedern in jedem Fall der Betriebsausschuss für die laufenden Geschäfte zuständig).
Damit stellt sich die Frage: Was fällt konkret unter die "laufenden Geschäfte" eines Betriebsrats (siehe auch "Laufende Geschäfte"? Im Gesetz steht dazu nichts. Deshalb gilt:
Der Betriebsrat legt selber fest (möglichst in einer Geschäftsordnung – § 36 BetrVG), was er unter laufenden Geschäften verstehen will!
Üblicherweise fallen darunter eher unproblematische Aufgaben wie:
  • Erledigung des Schriftverkehrs
  • Information der Betriebsratsmitglieder oder die
  • Organisation des Betriebsratsbüros
Bei weiteren und wichtigeren Aufgaben sollte eine Übertragung an den Betriebsausschuss allerdings nicht "automatisch" erfolgen, sondern sorgfältig überlegt werden. Beispiele für solche Aufgaben sind:
  • die Vorbereitung von Betriebsversammlungen
  • die Durchführung von Betriebsrundgängen
  • die Wahrnehmung von Sprechstunden
In solchen Fällen wäre es sogar sehr wichtig, dass alle Betriebsratsmitglieder an diesen Aufgaben beteiligt werden (und nicht nur an den Betriebsratssitzungen teilnehmen).

Aufgaben zur selbstständigen Erledigung

Im Gegensatz zum Betriebsratsvorsitzenden kleinerer Betriebsäte, dem nur laufende Geschäfte übertragen werden können, ist es in größeren Betriebsräten mit Betriebsausschuss möglich, diesem auch "Aufgaben zur selbstständigen Erledigung" zu übertragen!
Häufig vorkommende Beispiele für eine Übertragung von Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechten sind:
  • Der Betriebsausschuss bekommt das Recht, Mitbestimmungsrechte nach § 99 BetrVG  teilweise auszuüben (Einstellungen, Versetzungen, Ein- und Umgruppierungen z.B. von Aushilfen, Krankheits- und Urlaubsvertretungen oder ähnliches).
  • Der Betriebsausschuss übernimmt einige Bereiche der sozialen Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG (z.B. Urlaubsplanung, Zustimmung zu Überstunden, Verwaltung von Werkswohnungen...).
Nun mag eine solche Aufgabenübertragung in Einzelfällen (z.B. in einem Hotel mit hoher Fluktuation übernimmt der Betriebsausschuss die Entscheidung über Einstellungen) durchaus sinnvoll sein. Zumindest das Beispiel mit der Überstundengenehmigung zeigt jedoch, dass sie auch problematisch sein kann. Deshalb gilt:
Von der Möglichkeit, Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte auf den Betriebsausschuss zu übertragen, sollte - wenn überhaupt - nur sehr sparsam Gebrauch gemacht werden!

Das wird auch dadurch unterstützt, dass eine solche Aufgabenübertragung nicht wie sonst üblich durch einfache Mehrheit der Betriebsratsmitglieder entschieden werden kann:
Eine Übertragung von Aufgaben zur selbstständigen Erledigung braucht immer die Mehrheit aller Betriebsratsmitglieder und muss schriftlich (z.B. in der Geschäftsordnung§ 36 BetrVG) niedergelegt werden. Das Gleiche gilt natürlich für den Widerruf dieser "Bevollmächtigung".
Dabei müssen auch die genauen Kompetenzen und Grenzen einer eventuellen Aufgabenübertragung schriftlich und klar definiert werden (So entsteht eine Art "Checkliste", an der sich der Ausschuss halten muss). Dazu ein Beispiel:
Der Betriebsausschuss ist berechtigt, Einstellungen kurzfristiger Aushilfen als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung bis zu einer Beschäftigungsdauer von 4 Wochen selbstständig zuzustimmen.
Pauschale Aufgabenübertragungen ("Der Betriebsausschuss darf Einstellungen selbstständig zustimmen.") sollte es eher nicht geben.
Rein rechtlich gesehen gibt es für eine Aufgabenübertragung an den Betriebsausschuss nur eine Grenze:
Betriebsvereinbarungen darf der Betriebsausschuss niemals ohne Zustimmung durch das gesamte Gremium abschließen!
Wenn dem Betriebsausschuss Aufgaben zur "selbstständigen Erledigung" übertragen wurden, ist dies dem Arbeitgeber umgehend mitzuteilen (Beispielschreiben hier).
Ansonsten gilt:
Kleinere Betriebsratsgremien mit 3 bis 7 Mitgliedern können ihrem Vorsitzenden zwar die laufenden Geschäfte, niemals aber Beratungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte oder sonstige "Aufgaben zur selbstständigen Erledigung" übertragen!
Anders ausgedrückt:
Zumindest dem kleineren Betriebsrat ist es durch das BetrVG untersagt, sich selber zu entmachten...

§ 27 Abs. 2+3

(2) Der Betriebsausschuss führt die laufenden Geschäfte des Betriebsrats. Der Betriebsrat kann dem Betriebsausschuss mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen; dies gilt nicht für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für den Widerruf der Übertragung von Aufgaben.
(3) Betriebsräte mit weniger als neun Mitgliedern können die laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden des Betriebsrats oder andere Betriebsratsmitglieder übertragen.

Musterbriefe & Co.

Auf dieser Seite ist eine Vorlage für folgendes Beispielschreiben verlinkt: