§ 87 Abs. 1+2 BetrVG

Die "soziale" Mitbestimmung

Im § 87 Abs. 1 BetrVG sind folgende (im Betriebsratsalltag besonders wichtige) Mitbestimmungsbereiche geregelt:
  • Fragen der Ordnung des Betriebs - mehr dazu hier
  • alle Arbeitszeitfragen - mehr dazu hier
  • Verfahren der Engeltzahlung - mehr dazu hier
  • alle Urlaubsfragen - mehr dazu hier
  • Leistungs- und Verhaltenskontrolle durch technische Einrichtungen - mehr dazu hier
  • Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes - mehr dazu hier
  • Ausgestaltung von Sozialeinrichtungen, Umgang mit Betriebswohnungen - mehr dazu hier
  • Fragen der betrieblichen Lohngestaltung (Entlohnungsgrundsätze, -methoden, Akkord- und Prämiensätze) - mehr dazu hier
  • Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesens - mehr dazu hier
  • Grundsätze der Gruppenarbeit - mehr dazu hier
  • Ausgestaltung von mobiler Arbeit - mehr dazu hier

Die Grundsätze der "sozialen" Mitbestimmung:

Mitbestimmung bedeutet, dass der Arbeitgeber eine geplante Maßnahme nur dann durchführen kann, wenn der Betriebsrat zuvor seine Zustimmung gegeben hat (siehe: "Beteiligungsrechte") - meist in Form einer Betriebsvereinbarung (§ 77 BetrVG).
Arbeitgeber versuchen gerne, den Betriebsrat so spät wie möglich über mitzubestimmende Maßnahmen zu informieren (siehe § 80 Abs. 2 BetrVG), vollendete Tatsachen zu schaffen und sich dann auf Zeitdruck oder einen "Notfall" zu berufen. Dabei steht eindeutig fest:
Es gibt keinen Grund, der es dem Arbeitgeber erlauben würde, sich mit einer Maßnahme über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinwegzusetzen! Auch sogenannte Eilfälle kann es hier nicht geben! Eine Ausnahme gilt  lediglich für echte (!) Notsituationen!
Aber: Als echte Notsituationen gelten Ereignisse wie Erdbeben, Überschwemmungen oder Brandkatastrophen - andere Notfälle (z.B. Personalmangel wegen verfehlter Personalplanung), die den Arbeitgeber zu einem Ignorieren der Mitbestimmung berechtigen würden, gibt es nicht.
Häufig kommt es schon beim ersten Halbsatz des § 87 Abs. 1 BetrVG zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. So wird vom Arbeitgeber oft behauptet, eine gesetzliche Regelung zwinge ihn zum handeln und daher würde die Mitbestimmung entfallen.
Wichtig dabei ist:
Die Aussage im § 87 BetrVG: "soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, ..." ist so zu verstehen, dass diese Regelung so abschließend gestaltet ist, dass im Betrieb kein Gestaltungsspielraum mehr besteht. Besteht aber ein Spielraum, wie eine Rechtsvorschrift im Betrieb umgesetzt werden kann, besteht eben in dieser Frage doch noch die Mitbestimmung.
Beispiel:
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für seinen Fuhrpark Fahrtenschreiber zum Einsatz zu bringen. Dennoch ist der Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung der Geräte in der Mitbestimmung, da die Geräte und vor allen Dingen die Daten, die diese Geräte liefern, auch noch für andere Auswertungen der Verhaltens- und Leistungskontrolle verwendet werden können, als dies vom Gesetzgeber vorgesehen ist. Eben diese Nutzung (oder Nichtnutzung) wird der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber aushandeln müssen (Betriebsvereinbarung).
Können sich Betriebsrat und Arbeitgeber in einer Mitbestimmungsfrage nicht einigen, kann jede der beiden Seiten die Initiative zur Bildung einer Einigungsstelle (§ 76 BetrVG) ergreifen. Zu beachten ist dabei, dass die Einigungsstelle nur dann zuständig ist, wenn es um das Zustandekommen einer konkreten Regelung (=Betriebsvereinbarung) und ihrer einzelnen Bestimmungen geht.

Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat hingegen darüber streiten, ob der Betriebsrat in einer bestimmten Angelegenheit überhaupt ein Mitbestimmungsrecht hat, dann muss darüber das Arbeitsgericht in einem Beschlussverfahren entscheiden.

Weiter im Thema...

          • Fragen der Ordnung im Betrieb und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb (...)
          • Arbeitszeitfragen, Entgeltauszahlung, Urlaubspläne und -grundsätze (...)
          • Technische Einrichtungen zur Leistung-/Verhaltensüberwachung (...)
          • Arbeits-/Gesundheitsschutz, Sozialeinrichtungen, Betriebswohnraum (...)
          • Entlohnungsgrundsätze/-methoden, Akkord-/Prämiensätze, betriebliches Vorschlagswesen, Grundsätze der Gruppenarbeit (...)
          • § 87 Abs. 1+2

            (1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: [...Nr. 1 bis 14...]
            (2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.