§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG

Ordnung und Verhalten

Geregelt wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu folgenden Themen:
  • Fragen der Ordnung des Betriebs
  • Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb
Konkret:
Alle allgemeinverbindlichen Verhaltensregeln, die einen ungestörten Arbeitsablauf und ein reibungsloses Zusammenleben und Zusammenarbeiten im Betrieb sicherstellen sollen, unterliegen der Mitbestimmung durch den Betriebsrat!
Aber Achtung:
Nicht gemeint ist hier das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer. Alles was mit der mehr oder weniger befriedigenden Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten zu tun hat, gehört nicht in eine "Betriebsordnung" und fällt auch nicht unter die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Neben Betriebsordnungen und anderen allgemeinen Leitlinien (z.B. Führungsgrundsätze; Ethikrichtlinien) müssen auch einzelne Vorschriften zum Verhalten im Betrieb mitbestimmt werden - Beispiele:
  • Rauchverbote
  • Tragen einheitlicher Arbeitskleidung
  • Bekleidungsordnung (Anzug+Krawatte ja oder nein, Kopftuch, usw.)
  • Benutzung von Wasch- und Umkleideräumen
  • Parkplatznutzung
  • Zugangsregeln zum und innerhalb des Betriebes
  • regelmäßige Taschenkontrollen
  • Nutzung von Betriebsausweisen
  • Durchführung von Kranken-/Rückkehrgesprächen auch BEM-Gespräch (betriebliches Eingliederungsmanagement)
  • Anordnung von Eignungsuntersuchungen
  • private Nutzung von E-Mail und Internet am Arbeitsplatz
  • private Nutzung von Radio oder Handy's
  • und vieles mehr
Bei allen diesen Regelungen sind immer auch die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu beachten (§ 75 BetrVG) - Beispiel:
Arbeitnehmern können nur dann Vorschriften über ihr Äußeres gemacht werden, wenn dies aus betrieblichen Gründen zwingend nötig ist!
Und noch ein besonders heikles Thema:
Arbeitgeber versuchen bisweilen, Verhaltensvorschriften zu einer "betrieblichen Bußordnung" auszubauen. Eine solche Ordnung regelt dann nicht nur, was im Betrieb erlaubt und was verboten sein soll, sondern auch wie ein Verstoß gegen eine der Regeln "bestraft" werden soll.
Grundsätzlich sollte der Betriebsrat einer betrieblichen "Bußordnung" nicht zustimmen!
Sieht der Betriebsrat sich aber doch dazu gezwungen, müssen zumindest einige wichtige Merkpunkte beachtet werden:
  • Betriebsbußen dürfen nur auf der Grundlage einer entsprechenden Betriebsvereinbarung verhängt werden
  • Entlassung, Versetzung, Rückgruppierung dürfen keine Betriebsbußen sein
  • mögliche Betriebsbußen könnten z.B. sein: Verwarnungen/Verweise (bei Verstößen gegen die betriebliche Ordnung, nicht gegen Arbeitspflichten), Geldbußen (nicht mehr als ein Tagesverdienst), Entzug von Vergünstigungen
  • wenn überhaupt, muss ein möglichst "rechtsstaatliches" Verfahren für das Verhängen von Betriebsbußen vereinbart werden: paritätischer Ausschuss, Anhörung des Arbeitnehmers, frei gewählter Beistand (z.B. Gewerkschaftssekretär)
  • Mitbestimmung des Betriebsrats bei jeder Betriebsbuße ist sicherzustellen

§ 87 Abs. 1 Nr. 1

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb [...]