§ 66 Abs. 1+2 BetrVG

Betriebsratsbeschlüsse aushebeln?

  • Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) hat speziell die Interessen junger oder in Berufsausbildung stehender Arbeitnehmer zu vertreten (§ 60 BetrVG). Dabei ist sie auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat angewiesen (§ 70 BetrVG).
  • Dazu gehört, dass die JAV nicht nur an allen Betriebsratssitzungen mit einem Mitglied teilnehmen kann, sondern dass die gesamte JAV bei der Behandlung von Jugend- und Ausbildungsfragen im Betriebsrat mitsprechen und mit abstimmen darf (§ 33 Abs. 3 und § 67 BetrVG). Sie kann dabei jedoch leicht überstimmt werden.
Deshalb gilt:
Ist die JAV mit einem Beschluss des Betriebsrats nicht einverstanden, kann sie beschließen, dass die Interessen der von ihr vertretenen Jugendlichen und Auszubildenden durch diesen Betriebsratsbeschluss erheblich beeinträchtigt würden (vergleiche auch § 35 BetrVG)!
Dieser Beschluss muss selbstverständlich in einer JAV-Sitzung gefasst und auch protokolliert werden (§ 65 Abs. 1 BetrVG) als Grundlage für den nächsten entscheidenden Schritt:
Die JAV stellt den Antrag an den Betriebsrat, den strittigen Beschluss für 1 Woche auszusetzen!
Dies hat dann folgende Konsequenzen:
  • Der strittige Betriebsratsbeschluss darf vorerst nicht umgesetzt werden.
  • Betriebsrat und JAV müssen sich um eine Einigung bemühen. Dafür haben sie 1 Woche Zeit.
  • Zeichnet sich ab, dass es nicht so einfach zu einer Einigung kommen wird, kann und sollte ein Gewerkschaftsvertreter zur Vermittlung eingeschaltet werden.
Zweck dieses Verfahrens ist es nur, den Betriebsrat zu einem Überdenken und nochmaligen Diskutieren eines strittigen Beschlusses zwingen zu können. Gelingt es der JAV allerdings nicht, den Betriebsrat umzustimmen, könnte dieser auch bei seiner ursprünglichen Auffassung bleiben. Konkret:

Gelingt die Einigung innerhalb 1 Woche nicht, kann der Betriebsrat in einer nächsten Sitzung – selbstverständlich wieder unter Einbeziehung der JAV – seinen Beschluss (neu oder auch unverändert) noch einmal fassen (siehe auch § 35 BetrVG)!

Ändert der Betriebsrat seinen ursprünglichen Beschluss nicht oder nur geringfügig, kann die JAV ihren Antrag auf Aussetzung des Beschlusses nicht wiederholen. Das heißt umgekehrt: Wird ein substanziell veränderter Beschluss gefasst, den die JAV wiederum nicht akzeptieren will, könnte sie erneut einen Antrag auf Aussetzung des Beschlusses stellen.

§ 66 Abs. 1+2

(1) Erachtet die Mehrheit der Jugend- und Auszubildendenvertreter einen Beschluss des Betriebsrats als eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer, so ist auf ihren Antrag der Beschluss auf die Dauer von einer Woche auszusetzen, damit in dieser Frist eine Verständigung, gegebenenfalls mit Hilfe der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften, versucht werden kann.
(2) Wird der erste Beschluss bestätigt, so kann der Antrag auf Aussetzung nicht wiederholt werden; dies gilt auch, wenn der erste Beschluss nur unerheblich geändert wird.

 

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