§ 13 Abs. 2

Wählen "außer der Reihe"

Auch außerhalb des gesetzlich vorgegebenen Zeitraums (§ 13 Abs. 1 BetrVG) kann und muss manchmal ein Betriebsrat gewählt werden. Im Gesetzestext werden sechs Gründe aufgezählt, die dazu führen können:

Gewählt wird außer der Reihe, ...

1. wenn die Belegschaft zur "Halbzeit" der Betriebsratsamtszeit – also nach genau 2 Jahren – "um die Hälfte" geschrumpft oder gewachsen ist und (!) wenn diese Hälfte aus mindestens 50 Arbeitnehmern besteht!
Folgendes ist dabei zu beachten:
  • "mit Ablauf von 24 Monaten" heißt: am Tag der letzten Betriebsratswahl genau 2 Jahre später
  • der Betriebsrat muss also ein paar Tage vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob wegen Verkleinerung / Vergrößerung der Belegschaft neu gewählt werden muss und wenn nötig einen entsprechenden Beschluss fassen
Ein solcher Fall wird allerdings nur bei sehr drastischen Veränderungen der Belegschaftsgröße eintreten – denn:
  • bei kleineren Betrieben müsste "die Hälfte" der Belegschaft mindestens 50 Arbeitnehmer stark sein und
  • bei größeren Betrieben genügt eine Zu- / Abnahme um 50 Arbeitnehmer nicht, sondern es muss sich immer auch (mindestens) um die Hälfte der "regelmäßig" (siehe § 9 BetrVG) Beschäftigten handeln.
Tritt ein derartiger Fall ein, muss der Betriebsrat "unverzüglich" einen Wahlvorstand bestellen (§ 16 BetrVG) - dass heißt, eine konkrete Frist gibt es nicht. Der Betriebsrat muss nur handeln und darf die Bestellung des Wahlvorstands nicht auf die lange Bank schieben. Hat der Betriebsrat den Wahlvorstand bestellt, hat er seine Pflicht erfüllt.
Die  Neuwahl wird dann vom Wahlvorstand vorbereitet und durchgeführt. Er arbeitet dabei nach den gleichen Rechtsvorschriften wie bei der regulären Betriebsratswahl. Eine Frist, bis zu der die Wahl durchzuführen ist, gibt es nicht. Naturgemäß dauern allein die Vorbereitungen (z.B. das Anfordern der Informationen vom Arbeitgeber und das Erstellen der Wählerliste, usw.) je nach Betriebsart unterschiedlich lange.
Der Wahlvorstand hat nur die Verpflichtung, die Wahlen "unverzüglich" einzuleiten und durchzuführen.

Der bisherige Betriebsrat bleibt aber so lange im Amt, bis die Neuwahlen durch Bekanntgabe des Wahlergebnisses abgeschlossen sind. (siehe auch § 21 BetrVG)
2. wenn die vorgeschriebene Größe des Betriebsrats (§ 9 BetrVG) durch Ausscheiden eines Betriebsratsmitglieds unterschritten wird!
Das Betriebsratsmitglieder während der 4-jährigen Amtszeit ausscheiden, kommt häufig vor (weil sie z.B. den Betrieb verlassen usw.). In diesen Fällen rückt das nächste Ersatzmitglied (§ 25 BetrVG) automatisch in den Betriebsrat nach, damit die vorgeschriebene Zahl von Betriebsratsmitgliedern erhalten bleibt.
Unter der "vorgeschriebene Zahl von Betriebsratsmitgliedern" ist die Zahl an Betriebsratsmitgliedern gemeint, die im Wahlausschreiben der letzten Betriebsratswahl genannt wurde.
Hier zeigt sich auch die große Bedeutung der Ersatzmitglieder – denn solange es noch Ersatzmitglieder gibt, treten diese an die Stelle ausscheidender Betriebsratsmitglieder. Erst wenn es keine Ersatzmitglieder mehr gibt und wenn dann noch ein Betriebsratsmitglied ausscheidet, muss neu gewählt werden.
Das heißt konkret:
Gibt es also kein Ersatzmitglied mehr, das ein ausscheidendes Betriebsratsmitglied ersetzen kann, muss der Betriebsrat unverzüglich Neuwahlen einleiten, in dem er einen Wahlvorstand (§ 16 BetrVG) benennt.

Es gilt dann das gleiche, wie weiter oben beschrieben; der Wahlvorstand führt die Wahl durch. Eine konkrete Frist, bis wann die Wahl durchgeführt werden muss, gibt es nicht. Den genauen Wahltermin der Neuwahl, legt der Wahlvorstand an Hand der betrieblichen Umstände fest. Der bisherige Betriebsrat bleibt im Amt, bis das Wahlergebnis bekannt gegeben wird.

3. wenn der Betriebsrat mit Mehrheit aller seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat!
Dazu sollte es nur im Ausnahmefall kommen. Muss es trotzdem sein, muss strikt darauf geachtet werden, dass für diesen Beschluss die Mehrheit der Mitglieder des Betriebsrats nötig ist, nicht nur die Mehrheit der Anwesenden (siehe auch § 33 BetrVG sowie "Beschlussfassung")

Auch in diesen Fällen muss der Betriebsrat einen Wahlvorstand bestellen, um damit Neuwahlen - wie oben beschrieben - einzuleiten.
Beispiel:
Ein 9-köpfiger Betriebsrat will seinen Rücktritt beschließen. Wegen der zugrundeliegenden Unstimmigkeiten sind trotz ordnungsgemäßer Einladung nur 5 Betriebsratsmitglieder erschienen. Ein Rücktrittsbeschluss würde also die Stimmen aller 5 Anwesenden erfordern.
Bestellt der zurücktretende Betriebsrat keinen Wahlvorstand, können die im § 16 BetrVG genannten Möglichkeiten genutzt werden, um einen Wahlvorstand zu bestellen.
4. wenn eine Betriebsratswahl erfolgreich durch Urteil eines Arbeitsgerichts angefochten (§ 19 BetrVG) wurde!
Dabei gilt:
  • solange dieses Urteil nicht rechtskräftig ist, kann der "alte" Betriebsrat noch den Wahlvorstand für die Neuwahl benennen
  • ist das Urteil bereits rechtskräftig, muss das auf einer Betriebsversammlung geschehen (§ 17 BetrVG); oder ein Wahlvorstand wird auf Antrag von drei wahlberechtigten Arbeitnehmern vom Arbeitsgericht eingesetzt.
5. wenn der komplette Betriebsrat durch Entscheidung eines Arbeitsgerichts aufgelöst wurde (§ 23 Abs. 1 BetrVG)!
Der daraufhin zu bildende Wahlvorstand wird vom Arbeitsgericht gleich mit benannt.
6. wenn in einem betriebsratslosen Betrieb Arbeitnehmer einen Betriebsrat (neu) wählen wollen!

Selbstverständlich muss eine Belegschaft in diesem Fall nicht auf den nächsten regulären Wahltermin warten (dies dürfte auch ein häufiger Grund für eine Betriebsratswahl "außer der Reihe" sein).
Soll ein Betriebsrat erstmalig gewählt werden, ist das immer möglich. Mehr Informationen zu diesem Thema hier:

Hinweis:

Wahlen "außer der Reihe" können auch dann notwendig werden, wenn es zu Fusionen oder Spaltungen kommt. Mehr dazu im § 21a BetrVG.

§ 13 Abs. 2

(2) Außerhalb dieser Zeit ist der Betriebsrat zu wählen, wenn
1. mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um fünfzig, gestiegen oder gesunken ist,
2. die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist,
3. der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat,
4. die Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten worden ist,
5. der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst ist oder
6. im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht.