§ 112 Abs. 1 BetrVG

Interessenausgleich, Sozialplan

Wenn eine vom Arbeitgeber geplante (Rationalisierungs-)Maßnahme zugleich eine Betriebsänderung ist (siehe § 111 BetrVG) dann muss zunächst über einen "Interessenausgleich" verhandelt werden.

In einem Interessenausgleich wird durch Betriebsrat und Arbeitgeber geregelt...
  • ob eine geplante Betriebsänderung überhaupt durchgeführt wird
Und wenn sie durchgeführt werden soll...
  • welchen Umfang die Betriebsänderung haben soll, also aus welchen einzelnen Maßnahmen sie bestehen wird und welche Arbeitnehmer in welcher Weise davon betroffen sein werden und
  • zu welchen Zeitpunkten die einzelnen Maßnahmen (natürlich auch die damit verbunden  personellen Maßnahmen) durchgeführt werden und über welchen Zeitraum sich die Umsetzung der Betriebsänderung insgesamt erstreckt
Die Verhandlung über den Interessenausgleich kann und soll (soweit dies nötig ist) durch eine Verhandlung über einen Sozialplan ergänzt werden!
In einem Sozialplan wird durch Betriebsrat und Arbeitgeber geregelt...
  • wie die wirtschaftlichen Nachteile, die den betroffenen (bzw. im Interessenausgleich genannten) Arbeitnehmern infolge der Betriebsänderung entstehen könnten, ausgeglichen oder zumindest gemildert werden sollen
Wichtige Inhalte eines Sozialplans können z.B. sein:
  • Abfindungen (gestaffelt nach Betriebszugehörigkeit)
  • Ausgleiche für zusätzliche Belastungen (z.B. Wegekostenerstattung)
  • Umgang mit betrieblichen Altersversorgungsansprüchen
  • Wiedereinstellungsvorbehalte
  • Zuschüsse zu Umzugskosten
  • Weiterbildungsmaßnahmen
  • Gründung einer Beschäftigungs- / Qualifizierungsgesellschaft
Regeln lässt sich aber auch so etwas wie:
  • Festlegung von Extrapausen oder Mischarbeit als Ausgleich für eine Umstellung auf Bildschirmarbeit
Dabei gilt:
Die Verhandlungen über den Interessenausgleich und den Sozialplan folgen zwar weitgehend dem gleichen Ablaufschema (siehe § 112 Abs. 2-4 BetrVG), sollten aber trotzdem nicht genau parallel geführt werden!
Bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber muss der Interessenausgleich als erstes in Angriff genommen werden. Denn aus dem im Interessenausgleich festgelegten Umfang und Ablauf der Betriebsänderung und den damit verbundenen personellen Maßnahmen, ergibt sich überhaupt erst, was im Sozialplan geregelt werden muss.

Beispiel:
Wird bei einer Betriebsänderung die Umschulung von Arbeitnehmern vorgesehen, müssen im Sozialplan die Ansprüche der Arbeitnehmer zur Qualifizierung ausgehandelt werden; soll ein Personalabbau durch Vorruhestandsregelungen erzielt werden, gehören in den Sozialplan die "Konditionen" dazu - usw.


 
Wichtig: Die Verhandlungen über den Interessenausgleich haben weitgehende aufschiebende Wirkung. Mehr zur aufschiebenden Wirkung der Verhandlungen über einen Interessenausgleich findet sich in den nächsten Absätzen des § 112 BetrVG...
Wichtig:
Für den Interessenausgleich und den Sozialplan ist die Schriftform vorgeschrieben. Beide müssen vom Arbeitgeber und Betriebsrat unterschrieben werden.

Ein Sozialplan hat den Status einer Betriebsvereinbarung und gilt deshalb unmittelbar und zwingend. Der § 77 BetrVG findet Anwendung. Ausgenommen ist hiervon allerdings der § 77 Abs. 3 BetrVG.


§ 112 Abs. 1

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.