§ 39 Abs. 1+2 BetrVG

Sprechstunden anbieten

Die praktischen Erfahrungen mit Betriebsratssprechstunden sind oft wenig ermutigend. Durststrecken überwindet der Betriebsrat am besten so:

Solange zu einer Sprechstunde niemand erscheint, kann das für (nicht von der Berufsarbeit freigestellte Betriebsratsmitglieder) eine gute Chance sein, z.B. Schriftverkehr zu erledigen, Unterlagen durchzusehen und abzulegen, sich in neue Themen einzuarbeiten.
Ansonsten gilt:
Der Betriebsrat muss keine Sprechstunden anbieten, aber er sollte es in jedem Fall tun - und zwar regelmäßig und in nicht zu langen Zeitabständen (möglichst wöchentlich)!
In einigen Fällen wird der Betriebsrat sich spezielle Lösungen einfallen lassen:
  • In (flächenmäßig) großen Betrieben wird der Betriebsrat gleichzeitig oder zeitlich versetzt Sprechstunden an verschiedenen Orten anbieten, um so die Wege für die Beschäftigten kurz zu halten.
  • In Betrieben mit immer gleich besetzter Nachtschicht, wird der Betriebsrat (in etwas größeren Zeitabständen) Sprechstunden in der Nachtschicht anbieten.
  • In Betrieben mit größeren Filialen und Außenstellen, wird der Betriebsrat auch dort eigene Sprechstunden anbieten.
Noch einmal: Es ist wichtig, das Angebot regelmäßiger Sprechstunden aufrechtzuerhalten, selbst wenn dieses Angebot wenig sichtbaren Erfolg haben sollte. Ebenso wichtig ist es aber, daran zu arbeiten, die Hemmschwellen (siehe auch § 39 Abs. 3 BetrVG) für einen Besuch der Sprechstunde abzubauen. Dabei haben sich folgende Verfahren in der Praxis bewährt:
  • Der Zeitpunkt, zu dem Sprechstunden angeboten werden, muss der richtige sein. Sprechstunden also zu Zeiten anbieten, in denen es üblicherweise ruhiger zugeht, ein Arbeitnehmer sich also leichter einmal "loseisen" kann.
  • Die Besetzung der Sprechstunde sollte wechseln. Möglichst alle Betriebsratsmitglieder betreuen reihum die Sprechstunden. Optimal für größere Betriebsräte: Jeweils ein freigestelltes und (mindestens) ein nicht-freigestelltes Betriebsratsmitglied betreuen die Sprechstunde gemeinsam.
  • Die Termine der Sprechstunden werden durch ständigen Aushang deutlich herausgestellt. Für jeden Termin wird auch bekannt gegeben, welche Betriebsratsmitglieder anzutreffen sein werden.
  • In Tätigkeitsberichten auf Betriebsversammlungen (siehe "Tätigkeitsbericht") wird öfter einmal darauf hingewiesen, dass der Betriebsrat eine interessante Information "in der Sprechstunde bekommen hat" oder "in der Sprechstunde lösen konnte".
Der Betriebsrat entscheidet allein durch Beschluss, ob er Sprechstunden anbietet oder nicht. Über Ort und Zeit allerdings muss er sich mit dem Arbeitgeber einigen. Ein entsprechendes Mitteilungsschreiben findet sich hier. Möglich ist es auch, über das Ergebnis der Einigung eine Betriebsvereinbarung abzuschließen.
Immer aber muss dem Betriebsrat klar sein, dass jedes seiner Mitglieder jedem Arbeitnehmer auch außerhalb der Sprechstunden als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen hat und sollte dies z.B. durch Aushang von Kontaktmöglichkeiten (interne Rufnummern, E-Mail-Adressen) bekanntmachen (siehe Beispiel hier).
Gibt es im Betrieb auch eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, ist es sinnvoll (wenn die JAV damit einverstanden ist) gemeinsame Sprechstunden anzubieten (§ 69 BetrVG), die von Betriebsrats- und JAV-Mitglieder zusammen betreut werden!

§ 39 Abs. 1+2

(1) Der Betriebsrat kann während der Arbeitszeit Sprechstunden einrichten. Zeit und Ort sind mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(2) Führt die Jugend- und Auszubildendenvertretung keine eigenen Sprechstunden durch, so kann an den Sprechstunden des Betriebsrats ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung zur Beratung der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer teilnehmen.

Musterbriefe & Co.

Auf dieser Seite sind eine Vorlage für ein Musterschreiben und ein Entwurf für eine Betriebsvereinbarung verlinkt: