Sitzverteilung nach Geschlecht

Der Gesetzgeber will mit § 15 Abs. 2 BetrVG sicherstellen, dass Männer und Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Belegschaft im Betriebsrat vertreten sind.

Dass das so geschieht, ist zwingend vorgeschrieben. Es konkret umzusetzen, ist allerdings Aufgabe des Wahlvorstands (siehe "Wahlvorstand") und nicht derjenigen, die Vorschlagslisten zusammenstellen und einreichen. Der Wahlvorstand muss bereits im Wahlausschreiben die Zahl benennen, die dem Minderheitengeschlecht zustehen. Zwar nicht zwingend vorgeschrieben, aber dringend zu empfehlen, ist deshalb Folgendes:
Schon bei der Aufstellung von Kandidatinnen und Kandidaten sollte das jeweilige "Minderheitsgeschlecht" angemessen berücksichtigt werden!
Dazu ein Beispiel:
In einem Betrieb mit 45 Beschäftigten soll ein (3-köpfiger) Betriebsrat gewählt werden. Die Männer sind in der Minderheit, sie stellen genau ein Drittel der Belegschaft. Es gibt Persönlichkeitswahl.
Und so funktioniert nun das Verfahren, mit dem die Zusammensetzung des Betriebsrats aus Männern und Frauen ermittelt wird:
Zunächst wird nach dem d’Hondt­schen Höchst­zahlensystem errechnet (eine genaue Erläuterung des Verfahrens hier), wie viele Betriebsratssitze anteilig auf die Minderheits-Männer entfallen müssen – eine einfache Rechenaufgabe:
   30 Frauen  15 Männer
 : 1 30 15
 : 2  15  7,5
 : 3 10 5
Ergebnis: Eins von den 3 zu wählenden Betriebsratsmitgliedern muss ein Mann sein (Voraussetzung ist selbstverständlich, dass mindestens ein Mann auch kandidiert hat). Konkret heißt das:
Wenn es in unserem Beispiel nur einen männlichen Kandidaten für den einen "Männerplatz" im Betriebsrat gibt, dann wird der auf jeden Fall "drin" sein im Betriebsrat, sogar dann, wenn er sich nur ganz allein gewählt haben sollte. Gibt es 2 oder mehr Kandidaturen für einen dem Minderheitsgeschlecht zustehenden Betriebsratssitz, bekommt den "reservierten" Platz, wer von diesen Kandidat(inn)en die relativ meisten Stimmen erhalten hat.
Und nun wird's interessant – denn:
Die anderen 2 Plätze gehen nun nicht etwa komplett und "automatisch" an das Mehrheitsgeschlecht (die Frauen also), wie man vielleicht meinen könnte, sondern sie stehen sozusagen frei zur Wahl. Soll heißen: Die beiden noch freien Plätze werden von den Kandidatinnen oder Kandidaten besetzt, die die meisten Stimmen bekommen haben – egal, welchem Geschlecht sie angehören.
Das könnte in der Konsequenz heißen, dass das Minderheitsgeschlecht (in unserem Beispiel die Männer), die Mehrheit der Betriebsratssitze oder vielleicht sogar alle Sitze bekommt – wenn die Wählenden das so wollen!
Diese letzte Einschränkung war wichtig und auch nötig. Denn auf den ersten Blick könnte man dieses Vorgehen sonst vielleicht für eher undemokratisch halten (zumal in der Realität ja – anders als in unserem Beispiel – meist die Frauen in der Minderheit sind).
Was durch dieses Verfahren erreicht werden soll, ist also Folgendes:
Die Angehörigen des Minderheitsgeschlechts sollen die Sicherheit haben, angemessen viele Kandidat(inn)en ihres Geschlechts auch mit einer Minderheit von Stimmen in den Betriebsrat wählen zu können. Ist das erreicht, dann kann der Rest der Plätze so belegt werden, wie es die Mehrheit aller Wählenden für richtig hält.
Und wenn es dann (bei Männer-Mehrheit im Betrieb) eine Kandidatin gibt, die nicht nur Frauen-, sondern auch genügend viele Männerstimmen auf sich vereinigt, dann gehört sie natürlich – Geschlecht hin oder her – in den Betriebsrat!
Was hier für die Persönlichkeits­wahl beschrieben wurde, gilt im Prinzip auch für die Listenwahl. Lediglich bei der Festlegung, welche Männer und Frauen von den jeweiligen Listen dann in den Betriebsrat kommen, ist es noch einmal deutlich komplizierter. Aber das ist dann Sache des Wahlvorstands. Zu der Frage kommen wir also, wenn es um die Aufgaben des Wahlvorstands geht. Dass die Geschlechterregelung besondere Sorgfalt bereits bei der Aufstellung der Wahlvorschläge erfordert, sollte aber jetzt schon klar sein.