Reihenfolge der Kandidaten

In der Praxis entsteht die Reihenfolge der Kandidierenden auf den Vorschlagslisten sehr oft zufällig:
  • Irgendjemand fängt an, eine Liste aufzuschreiben, so wie ihm die Leute einfallen.
  • Oder irgendwo liegt eine Vorschlagsliste aus und wer Lust hat zu kandidieren, meldet sich und wird eingetragen (Prinzip "Windhund": Wer zuerst da ist, bekommt den vordersten Platz).
  • Manchmal wird die zufällige Reihenfolge auch bewusst hergestellt, um Chancengleichheit für alle Kandidaten zu schaffen (die Plätze werden also z.B. ausgelost oder in alphabetischer Reihenfolge festgelegt).
Klar ist:
Wird nach dem vereinfachten Wahlverfahren gewählt, dann gilt immer Persönlichkeitswahl! Und immer werden die Namen in alphabetischer Reihenfolge auf die Stimmzettel geschrieben!
In allen anderen Fällen (also beim "normalen" Wahlverfahren) kann das aber ganz anders ausgehen. Dazu ein Beispiel aus der Praxis:
In einem Betrieb wird bereits seit Jahrzehnten immer in Persönlichkeitswahl gewählt. Auch diesmal haben sich die amtierenden Betriebsratsmitglieder und einige "Neue" wieder darauf geeinigt, eine gemeinsame Vorschlagsliste aufzustellen und die Namen darauf nach Alphabet zu sortieren. Diesmal jedoch taucht eine halbe Stunde ehe die Abgabefrist für Wahlvorschläge abläuft, ein bisher nie in Erscheinung getretener Arbeitnehmer auf, der eine eigene Vorschlagsliste einreicht, auf der er allein steht. Eine schnelle Prüfung zeigt, dass die Liste formal in Ordnung ist, auch die Stützunterschriften sind korrekt. Also: Peng! Listenwahl! Und das heißt: Von den 12 Kandi­daten die auf der ersten Liste stehen, kommen höchstens die ersten 7 in den Betriebsrat (und wenn der "Neue" genügend Stimmen bekommt, sind es vielleicht nur die ersten 6). Konkret heißt das: Die besonders tüchtige und beliebte Kollegin "Zielins­ki" bleibt außen vor, während der nur zum "Auffüllen" aufgestellte Kollege "Appel", den bei einer Persönlichkeitswahl kaum jemand gewählt hätte, drin ist... Tja, so kann’s gehen.
Und genau so wäre es natürlich, wenn die Reihenfolge ausgelost würde oder sonstwie zufällig zustande gekommen wäre. Also noch einmal:
Ohne Rücksicht darauf, welches Wahlverfahren bisher üblich war, egal auch, welches man gerne hätte: Man muss immer damit rechnen, dass es zu einer Listenwahl kommt – entsprechend sorgfältig wird die Reihenfolge der Kandidierenden auf jeder Vorschlagsliste festgelegt!
Die Frage ist nur: Wer legt diese Reihenfolge wie fest? Manchmal machen das die Kandidaten unter sich aus (was nicht immer reibungslos verläuft) oder der amtierende Betriebsrat(svorsitzende) macht das – auch nicht so ideal (und auf keinen Fall demokratisch).
Zugegeben – einfach ist das mit der Demokratie ja nie, aber folgende Verfahren haben sich in der Praxis doch bewährt:
1. Die gewerkschaftlichen Vertrauensleute setzen sich zusammen, sammeln alle Kandidatenvorschläge – die Namen der amtierenden Betriebsratsmitglieder (wenn die weitermachen wollen) genau so wie neue.
  • Die Namen werden dann auf einen Zettel geschrieben und daraus wird, wie bei der Persönlichkeitswahl, eine Art Wahlzettel gemacht.
  • Jede Vertrauensperson kann nun wie bei der eigentlichen Betriebsratswahl auch so viele Namen ankreuzen, wie der Betriebsrat Mitglieder haben wird.
  • Wer die meisten Stimmen bekommen hat, kommt auf den ersten Listenplatz und so weiter...
Und wenn es keine Vertrauensleute gibt?
2. Dann beruft man eine Mitgliederversammlung aller Gewerkschaftsmitglieder des Betriebs ein, die dann wie gerade beschrieben die Vorschlagsliste zusammenstellt.
Beide Verfahren beschränken sich natürlich auf gewerkschaftlich orientierte Kandidaten. Aber warum auch nicht? Die Gewerkschaftsmitglieder eines Betriebs haben doch selbstverständlich (und das nicht nur juristisch!) das Recht, "ihre" Kandida­ten aufzustellen und über die Zusammensetzung "ihrer" Liste zu entscheiden.
Dabei muss man allerdings manchmal auch entscheiden, was einem die Persönlichkeitswahl "wert" ist. Denn natürlich könnte man (um Listenwahl zu vermeiden) auch einen Unorganisierten mit auf die Vorschlagsliste nehmen – wenn man ihn im Prinzip für geeignet hält. Die Erfahrung zeigt ohnehin, dass unorganisierte Betriebsratsmitglieder in einem Betriebsrat aus Gewerkschaftsmitgliedern nicht sehr lange unorganisiert bleiben...