Ergebnis bei Listenwahl

Bei der Listenwahl soll jede Liste so viele Sitze im Betriebsrat erhalten, wie ihr nach der errungenen Stimmenzahl zustehen. Gleichzeitig muss aber sichergestellt sein, dass auch das Minderheitsgeschlecht angemessen berücksichtigt wird. Das macht die Sache so kompliziert – und deshalb gilt:
Der Wahlvorstand sollte sich auf die öffentliche Auszählung sorgfältig vorbereiten!
Wichtig ist vor allem, dass "die Öffentlichkeit" gewahrt ist, dass also die anwesenden Arbeitnehmer verfolgen können, was der Wahlvorstand tut. Ob er dafür einen großen Bogen Packpapier vorbereitet hat oder eine Excel-Tabelle mit Beamer an die Wand projiziert, ist egal.
Das sollte aber vorbereitet sein:
Erster Schritt: Wiedergabe aller Listen mit Ordnungsnummer, Kennwort und allen (!) Kandi­dat(inn)en in der exakten Originalreihenfolge – etwa so:
 Liste 1  Liste 2  Liste 3
 Harmonie
 Gewerkschaft
 NGG
 Gudrun Gundel
 Hans Hamel  Otto Osborn  Gudrun Gundel
 Karl Kantine  Willi Witzemann  Elisabeth Ebner
 Marion Müller-Merin  Fritz Friedrichs  Horst Holbe
 Claudia Claas  Max Mandel  Klaus Katz
 Hans Hermann  Alfred Altmann  

Zweiter Schritt: Erstellung einer Tabelle für die Sitzverteilungs-Berechnung nach dem d’Hondtschen-Höchstzahlensystem:
   Liste 1  Liste 2  Liste 3
 :1      
:2      
 :3      
 :4      
 :5      
 :6      

Und so läuft nun das Verfahren:
  1. Die Stimmenzahlen, die die einzelnen Listen erreicht haben, werden (a) zu der richtigen Liste dazu geschrieben und (b) auch in den Kopf der d’Hondt-Berechnungstabelle (Näheres zum d'Hondt'schen Höchstzahlenprinzip siehe hier).
  2. Dann werden die Felder der d'Hondt-Tabelle ausgefüllt (also die Stimmenzahl jeder Liste nacheinander durch 1, 2, 3 und so weiter geteilt):
   Liste 1 = 55  Liste 2 = 120  Liste 3 = 45
 :1 55,0 120,0 45,0
:2  27,5  60,0 22,5
 :3  18,3 40,0 15,0
 :4  13,8 30,0 11,3
 :5  11,0 24,0 9,0
 :6  9,2 20,0 7,5

Nun beginnt das Verteilen der Sitze. Und zwar – anders als bei der Persönlichkeitswahl! – nicht mit den Sitzen für das Minderheitsgeschlecht, sondern ganz "normal", ohne Rücksicht auf die Geschlechtszugehörigkeit. Das heißt: Die Liste, die die größte Höchstzahl hat, bekommt den ers­ten Sitz, die Liste mit der zweitgrößten Höchstzahl den zweiten und immer so weiter, bis alle Plätze verteilt sind:
   Liste 1 = 55  Liste 2 = 120  Liste 3 = 45
 :1 55,0 120,0 45,0
:2  27,5  60,0 22,5
 :3  18,3 40,0 15,0
 :4  13,8 30,0 11,3
 :5  11,0 24,0 9,0
 :6  9,2 20,0 7,5

Jetzt erst wird geschaut, ob die zu den Höchstzahlen gehörenden Listenplätze von Männern oder Frauen belegt werden. Dafür wird das Ergebnis der d'Hondtschen Berechnung auf die Listendarstellung mit den Namen übertragen, was dann so aussieht:
 Liste 1  Liste 2  Liste 3
 Harmonie
 Gewerkschaft
 NGG
 Gudrun Gundel
 Hans Hamel  Otto Osborn  Gudrun Gundel
 Karl Kantine  Willi Witzemann  Elisabeth Ebner
 Marion Müller-Merin  Fritz Friedrichs  Horst Holbe
 Claudia Claas  Max Mandel  Klaus Katz
 Hans Hermann  Alfred Altmann  

Wenn wir nun mal davon ausgehen, dass in unserem Beispiel die Frauen das Minderheitsgeschlecht sind und als solche schon mal eine Garantie für 3 von den 9 Betriebsratssitzen haben, ist klar, dass die reguläre Verteilung der Sitze auf die Listen zu wenige Frauenplätze ergibt – nur 2 Frauen haben einen ausreichenden Höchstzahlenwert erreicht. Hier rächt sich, dass vor allem die Liste 2 bei der Aufstellung der Kandidat(inn)en keine Rücksicht auf die Geschlechterverteilung genommen hat. Es muss also "nachgebessert" werden.
Und das läuft so:
  • Die Person aus dem Mehrheitsgeschlecht, die mit der niedrigsten Höchstzahl gewählt wurde (das ist in unserem Beispiel Alfred Altmann von Liste 2), wird durch die Person der gleichen Liste ersetzt, die dem Minderheitsgeschlecht angehört und die nächstgrößte Höchstzahl hat.
  • Nun hat Liste 2 aber gar keine Frau aufgestellt. Also verliert Liste 2 diesen Platz und er geht an die Liste, die mit der nächstgrößten Höchstzahl noch ein Betriebsratsmitglied des "richtigen" Geschlechts stellen kann – und das ist Liste 1 mit Marion Müller-Merin).
  • Ein Vorgang, der unter Umständen mehrfach wiederholt werden muss, bis es insgesamt keine Kandidat(inn)en des Minderheitsgeschlechts mehr gibt.
Die endgültige Zusammensetzung des Betriebsrats sieht nun so aus:
 Liste 1  Liste 2  Liste 3
 Harmonie
 Gewerkschaft
 NGG
 Gudrun Gundel
 Hans Hamel  Otto Osborn  Gudrun Gundel
 Karl Kantine  Willi Witzemann  Elisabeth Ebner
 Marion Müller-Merin  Fritz Friedrichs  Horst Holbe
 Claudia Claas  Max Mandel  Klaus Katz
 Hans Hermann  Alfred Altmann  

Liste 2 büßt also ihre klare Mehrheitsposition ein – selber schuld!
Ersatzmitglieder (mehr zum Thema hier)
Die übrigen Kandidaten, die nicht in den Betriebsrat gewählt wurden, stehen den jeweiligen Listen als Ersatzmitglieder zur Verfügung - und zwar in der entsprechenden Reihenfolge.
Die Ersatzmitglieder kommen also von den Listen, auf denen ein Betriebsratsmitglied verhindert ist. Aber auch hier gibt es eine Ausnahme: Ist die Liste erschöpft oder sinkt das Minderheitengeschlecht unter die erforderliche Zahl (die Liste verfügt aber über kein Ersatzmitglied mehr, das dem Minderheitengeschlecht entspricht) kann es zum "Listensprung" kommen