Regel 3: Häufig nachfragen

Auch aktives Zuhören (Regel 2) allein genügt nicht, um ein Gespräch in Gang zu halten und (vorsichtig) zu lenken. Man muss zusätzlich auch gezielt (und geschickt) nachfragen. Das zeigt sich auch gleich am Anfang des Beispielgesprächs zwischen Gudrun Gundel und Karl Kowalski:

Karl Kowalski: "...Rennt hier rum und fragt nach Problemen, die Frau. Und passieren tut dann nix!"

Gudrun Gundel: "He! Stopp mal, das kannst du aber wirklich nicht sagen. Ich kümmere mich..."
Oh doch! Der Gesprächspartner darf (zunächst) alles sagen!
Auch wenn es noch so schwer fällt: Als Betriebsratsmitglied muss man auch bei einem  Frontalangriff (besonders auch dann, wenn man ihn als ungerecht empfindet) ruhig und geduldig bleiben! Erste Aufgabe des Gesprächs ist es, herauszufinden, wo beim Gegenüber der Schuh drückt!
Also muss man nachfragen - so etwa:

Karl Kowalski: "...Und passieren tut dann nix!"

Gudrun Gundel: "Versteh ich nicht. Hast du dich über irgendetwas geärgert?"

Karl Kowalski: "Geärgert? Das ist gar kein Ausdruck. Also vor einem halben Jahr war ich bei euch im Betriebsratsbüro..."

Ja, es geht! Einmal kräftig schlucken, den Angriff überhören und dann nachfragen. Und schon liegt die Sache, um die es geht, auf dem Tisch. Hier noch ein Beispiel:

Karl Kowalski: "Du sagst doch, dass du dich hier auskennst. Arbeite ich nun selbstständig oder nicht?"

Gudrun Gundel: "Klar arbeitest du selbstständig. Aber so'n Eingruppierungsproblem ist immer eine komplizierte Geschichte..."
So etwas wird oft gemacht: Eigentlich soll der Gesprächspartner nur ein bisschen beruhigt werden ("Klar arbeitest du selbstständig..."). Und schon sitzt man in der Falle. Mit der richtigen Nachfrage wäre es bestimmt besser gelaufen:

Karl Kowalski: "...Arbeite ich nun selbstständig oder nicht?"

Gudrun Gundel: "Tja, das ist hier tatsächlich die wichtigste Frage. 'Nach Anweisung arbeiten', das heißt ja, dass alles vorgeschrieben wird. 'Im Rahmen allgemeiner Anweisungen' heißt aber, dass du häufiger mal selbst was entscheiden musst. Richtig?"

Karl Kowalski: "Richtig!"

Gudrun Gundel: "Kannst mir denn mal ein paar Beispiele geben, bei welchen Gelegenheiten du selbst etwas entscheiden musst?"

Karl Kowalski: "Na klar. Wenn ich zum Beispiel..."

Da ist doch schon Einiges sehr viel besser gelaufen:
Der Kern des Problems wurde genau formuliert und durch eine Nachfrage ("Richtig?") abgesichert!
Durch mehrere Nachfragen ist es gelungen, ausreichend viele Informationen zu bekommen, ohne sich in der Sache vorzeitig festzulegen!

zum Beispiel...

Das komplette Beispielgespräch zwischen Gudrun Gundel und Karl Kowalski (...)