Wer gehört aufs Podium?

Es gibt vor allem zwei Gründe warum eine Geschäftsleitung auf dem Podium einer Betriebsversammlung schlichtweg nichts zu suchen hat:
  • Die Betriebsversammlung ist allein eine Veranstaltung von Betriebsrat und Belegschaft. Der Betriebsrat beruft die Versammlung ein, gestaltet und leitet sie.
  • Wenn eine Arbeitnehmer z.B. eine Beschwerde vortragen will, wird ihm dies sehr viel schwerer fallen, wenn dabei "der Chef" vorne sitzt.
Bisweilen wird dies von Geschäftsleitungen auch bewusst missbraucht - zwei Beispiele:
  • Während ein Arbeitnehmer redet, steht der Arbeitgeber halb auf, schaut scharf in Richtung des Redenden, um sich danach überdeutlich etwas zu notieren.
  • Der Arbeitgeber beugt sich in der gleichen Situation zu seinem Sitznachbarn und flüstert ihm etwas zu; was immer er auch sagt, der redende Kollegin wird denken: "Jetzt fragt er bestimmt, wie ich heiße..."
Also:
Sitzt die Geschäftsleitung mit auf dem Podium, hat das eine verunsichernde und einschüchternde Wirkung, die sogar dann eintreten kann, wenn sie von der Geschäftsleitung nicht einmal beabsichtigt ist!
Deshalb gilt:
Nur der Betriebsrat sitzt vor der Versammlung auf dem Podium. Sitzt bisher noch die Geschäftsleitung mit dabei, muss dies auf jeden Fall geändert werden! Sofort!
Als eleganteste Möglichkeit, dies zu ändern, hat sich dieses Verfahren bewährt:
Bei der nächsten Betriebsversammlung (aber wirklich gleich bei der nächsten!) wird das Podium so aufgebaut, dass es nur Plätze für die Betriebsratsmitglieder gibt. Vor jedem Platz steht ein Schild mit dem Namen eines Betriebsratsmitglieds. In der ersten Reihe des Versammlungsraums werden Stühle für die Geschäftsleitung reserviert. Motto: "Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe!"
Ein Betriebsratsmitglied nimmt dann die Geschäftsleitung beim Eintritt in den Versammlungsraum in Empfang und führt sie höflich und freundlich zu den für sie reservierten Plätzen ("Meine Damen, meine Herren! Wir haben heute für Sie hier vorne Plätze reserviert, wenn Sie da bitte Platz nehmen wollen...").
Dass die Geschäftsleitung darauf reagiert, indem sie den Saal verlässt, ist sehr unwahrscheinlich, weil...
  • sie wegen einer solchen Sache vor versammelter Belegschaft wohl kaum einen Streit beginnen will;
  • keine Geschäftsleitung es sich auf Dauer leisten kann, den Betriebsversammlungen fernzubleiben (außerdem müssen sie einmal im Jahr sowieso kommen).
Die Chancen, dass die Aktion klappt, stehen also sehr gut. Und selbst wenn die Geschäftsleitung gekränkt abrauscht und sich nach der Betriebsversammlung beim Betriebsrat beschwert - ihr wird letztlich nichts anderes übrig bleiben, als diese Änderung zu akzeptieren.

Kommt es nach der Versammlung zu einer Auseinandersetzung, haben sich diese Argumente bewährt:

  • Eine Betriebsversammlung ist nun einmal eine Veranstaltung des Betriebsrats, die Geschäftsleitung ist (wichtiger und vielleicht sogar gern gesehener) Gast, aber eben nur Gast. Und:
  • Auf allen Veranstaltungen ist es selbstverständlich, dass allein der Veranstalter vorne auf dem Podium sitzt. Beim Fußballverein sitzt der Vorstand dieses Vereins vorne und nicht auch noch der Vorstand des Konkurrenzvereins. Und bei der Aktionärsversammlung hat man auch noch nie einen Betriebsrat auf dem Podium sitzen sehen...