Vier Betriebsversammlungen im Jahr

Mit dieser Überschrift ist schon das Wichtigste gesagt, das jeder Betriebsrat wissen muss:

Jeder Betriebsrat muss laut § 43 Abs. 1 BetrVG in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung machen - egal, ob er dies für nötig hält oder nicht!
Tut er das nicht, handelt er pflichtwidrig und läuft Gefahr durch ein Arbeitsgerichtsverfahren (aufgrund § 23 BetrVG) seines Amtes enthoben zu werden. In der Praxis mag das Risiko, dass jemand ein solches Amtsenthebungsverfahren in Gang setzt, zwar nicht so groß sein, es ist aber vorhanden (Beispiele aus der Rechtsprechung sind bekannt).

Die Betriebsversammlung - ein wichtiges Instrument der Betriebsratsarbeit

Der Betriebsrat sollte die Betriebsversammlungen nicht nur als lästige Pflicht verstehen.

Vielmehr sind Betriebsversammlungen für den Erfolg der Betriebsratsarbeit wichtig. Bei diesen Versammlungen besteht die Möglichkeit den Arbeitnehmern die Positionen des Betriebsrats zu den unterschiedlichen Themen darzustellen und auch auf die Probleme und Konflikte einzugehen, die beispielsweise bei Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung auftreten.

Eine Betriebsversammlung soll auch als demokratisches Forum verstanden werden, wo die unterschiedlichsten Fragen offen diskutiert werden können.

Abteilungsversammlungen

Es klingt etwas komisch - aber: Eine Betriebsversammlung muss nicht immer eine Versammlung des kompletten Betriebs sein:
Der Betriebsrat hat die Möglichkeit, zwei der vier Betriebsversammlungen als Abteilungsversammlungen durchzuführen (wenn die Voraussetzungen des § 43 BetrVG erfüllt sind)!
Aus der Praxis:

Abteilungsversammlungen bedeuten im Vergleich zur "Voll-"Betriebsversammlung einen höheren zeitlichen und organisatorischen Aufwand für den Betriebsrat.

Dennoch - es kann sich lohnen. In Abteilungsversammlungen kann man viel intensiver auf die einzelnen Bedürfnisse der Beschäftigten eingehen.

Es ist nun einmal so, dass die Arbeitnehmer in der Produktion andere Bedürfnisse und Probleme haben, als in der Verwaltung, im Außendienst oder in der Forschung. Diese recht unterschiedlichen Problemstellungen kann man in einer Abteilungsversammlung viel besser im Detail mit den Arbeitnehmern besprechen. In einer kompletten Betriebsversammlung ist dies nicht immer möglich.

Das Abteilungsversammlungen bei Arbeitnehmern gut ankommen, zeigt sich häufig in einer viel angeregteren Diskussion der Arbeitnehmer zu den vorgetragenen Themen.

Abteilungsversammlungen sind aber nur dann ein Ersatz für eine der vier Betriebsversammlung im Jahr, wenn sie "gleichzeitig" also in unmittelbarer Folge, zumindest innerhalb von ein paar Tagen in allen Abteilungen durchgeführt werden und in der Summe durch die Abteilungsversammlungen alle Arbeitnehmer die Möglichkeiten hatten, eine Versammlung zu besuchen.
Darüber hinaus, kann der Betriebsrat aus besonderen Anlässen heraus, auch einmal eine Abteilungsversammlung nur für eine Abteilung durchführen, wenn dies erforderlich erscheint.
Diese Abteilungsversammlung kann dann aber nicht zu den vier Betriebsversammlungen im Jahr gerechnet werden, sondern ist gemäß § 43 Abs. 1 BetrVG als zusätzliche Versammlung zu sehen.

Dabei gilt der Grundsatz:
Der Betriebsrat muss beschließen, ob es aus seiner Sicht grundsätzlich erforderlich ist, zwei der vier vorgeschriebenen Betriebsversammlungen als Abteilungsversammlungen durchzuführen. Dies ist ein Grundsatzbeschluss, an den sich der Betriebsrat dann so lange halten muss, bis sich die Umstände, die Abteilungsversammlungen "erforderlich" erscheinen lassen, geändert haben!
Eine Übersicht der nötigen Schritten für die Vorbereitung und Durchführung von Abteilungsversammlungen kann hier aufgerufen und ausgedruckt werden.

Teilversammlungen

Ebenfalls eine Grundsatzentscheidung ist die Frage, ob statt Betriebsversammlungen immer Teilversammlungen durchgeführt werden sollen/müssen:
Während Abteilungsversammlungen dazu dienen, zusätzlich zu Versammlungen für die komplette Belegschaft auch abteilungsspezifische Themen erörtern zu können, sind Teilversammlungen dann erforderlich, wenn es - z.B. in großen Schichtbetrieben - nicht mehr sinnvoll möglich ist, die gesamte Belegschaft zu einer Versammlung zusammenzufassen.
Teilversammlungen sind also Betriebsversammlungen für jeweils einen Teil (z.B. eine Schicht) der Belegschaft! Deshalb müssen alle Teilversammlungen mit den gleichen Themen und der gleichen Tagesordnung durchgeführt werden!
Werden statt Betriebsversammlungen Teilversammlungen durchgeführt, gilt das Gleiche auch für Abteilungsversammlungen. Sind Abteilungsversammlungen erforderlich, werden auch diese als "Teil-Abteilungsversammlungen" durchgeführt (z.B. für jede Schicht eine eigene Abteilungsversammlung).
Auch die Frage Teilversammlung ja oder nein muss also vom Betriebsrat sorgfältig und systematisch angegangen werden. Eine Übersicht zu den dafür nötigen Schritten kann hier aufgerufen und ausgedruckt werden.
In der Praxis stellt sich diese Frage wohl nur in Ausnahmesituationen, aber:
Es gibt Situationen (z.B. große Rationalisierungsvorhaben, drohende Betiebsstilllegungen), in denen der Betriebsrat mit seinen vier Betriebsversammlungen nicht auskommt. Dann hat er die Möglichkeit, "weitere" oder auch "sonstige" (oft als "außerordentlich" bezeichnete) Betriebs-/Teil-/Abteilungsversammlungen durchzuführen. Eine Übersicht zu diesen Möglichkeiten kann hier aufgerufen und ausgedruckt werden.
Wenn die Details zu Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen (siehe oben) angeschaut und als Arbeitshilfen ausgedruckt sind, geht es im nächsten Schritt weiter mit den Tätigkeitsberichten...

Weiter im Thema...

          • Im Zentrum jeder Betriebsversammlung steht der Tätigkeitsbericht - der gut geplant und aufgeteilt werden sollte (...)
          • Für den Ablauf einer Betriebsversammlung muss es ein "Drehbuch" geben (...)
          • Die Einladung mit Tagesordnung muss Neugier auf die Inhalte der Betriebsversammlung wecken (...)
          • Eine Betriebsversammlung ist um so wirkungsvoller, je mehr sich die Beschäftigten einmischen (...)
          • Die Betriebsversammlung leitet der Betriebsratsvorsitzende - mit Überblick und Souveränität (...)
          • Quelle

            Die Betriebsversammlung: So wird's gemacht! Fricke/Grimberg/Wolter, Bund-Verlag 2010
            Ergänzt und aktualisiert durch: Redaktion BZO-Wissen, V.Havemann

            Rechtsgrundlage

            § 43 Abs. 1 BetrVG
            (1) Der Betriebsrat hat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen und in ihr einen Tätigkeitsbericht zu erstatten. Liegen die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 Satz 1 vor, so hat der Betriebsrat in jedem Kalenderjahr zwei der in Satz 1 genannten Betriebsversammlungen als Abteilungsversammlungen durchzuführen. Die Abteilungsversammlungen sollen möglichst gleichzeitig stattfinden. Der Betriebsrat kann in jedem Kalenderhalbjahr eine weitere Betriebsversammlung oder, wenn die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 Satz 1 vorliegen, einmal weitere Abteilungsversammlungen durchführen, wenn dies aus besonderen Gründen zweckmäßig erscheint.
            § 43 BetrVG kommentiert

            § 42 BetrVG
            (1) Die Betriebsversammlung besteht aus den Arbeitnehmern des Betriebs; sie wird von dem Vorsitzenden des Betriebsrats geleitet. Sie ist nicht öffentlich. Kann wegen der Eigenart des Betriebs eine Versammlung aller Arbeitnehmer zum gleichen Zeitpunkt nicht stattfinden, so sind Teilversammlungen durchzuführen.
            (2) Arbeitnehmer organisatorisch oder räumlich abgegrenzter Betriebsteile sind vom Betriebsrat zu Abteilungsversammlungen zusammenzufassen, wenn dies für die Erörterung der besonderen Belange der Arbeitnehmer erforderlich ist. Die Abteilungsversammlung wird von einem Mitglied des Betriebsrats geleitet, das möglichst einem beteiligten Betriebsteil als Arbeitnehmer angehört. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
            § 42 BetrVG kommentiert