Die Versammlungsleitung

Im Prinzip gelten für alle Diskussionsleitungen die gleichen "Regeln" (siehe "Diskussionsführung"). Für eine Betriebsversammlung gibt es aber doch einige Besonderheiten zu beachten.

Im Normalfall wird immer der Betriebsratsvorsitzende die Betriebsversammlung leiten!
Außer der Vertretung im Krankheitsfall kann es aber auch noch andere Ausnahmen geben: Wenn - was ja die Regel sein dürfte - der Betriebsratsvorsitzende den Routine-Tätigkeitsbericht abgibt, sollte er sich nicht selber ankündigen und schon gar nicht die anschließende Aussprache leiten müssen. Für solche Fälle sollte schon vor der Versammlung abgesprochen werden, dass die Versammlungsleitung dann an den stellvertretenden Vorsitzenden (oder auch ein anderes Betriebsratsmitglied) abgegeben wird.
Besonders wichtig für den Erfolg einer Betriebsversammlung sind der Einstieg mit Begrüßung, die Vorstellung der Tagesordnung und der Start in den eigentliche Versammlungsablauf - einige Tipps dazu finden sich hier (auch zum Ausdrucken)...
Ansonsten gelten folgende Regeln:
Nach jedem Bericht oder jedem Referat übernimmt die Versammlungsleitung zügig entweder die Leitung der anschließenden Diskussion (wenn das so vorgesehen ist) oder die Ankündigung des nächsten Berichts oder Beitrags.
Zu Einführung in eine Diskussion wird das Thema des vorangegangenen Berichts ganz kurz (!) aufgegriffen. Der Versammlungsleiter gibt zwei, drei Fragen vor, über die diskutiert werden könnte. Und dann muss sich die Vorbereitung auszahlen - jetzt müssen die vorher abgesprochenen Redebeiträge und Fragen kommen (und hoffentlich noch ein paar dazu).
Dabei gilt: Die Versammlungsleitung antwortet nicht gleich auf jede Frage und Meinungsäußerung. Zunächst werden einige Redebeiträge gesammelt. Dabei ist die Beantwortung dieser Beiträge durchaus nicht nur Aufgabe der Versammlungsleitung. Wann immer möglich werden andere Betriebsratsmitglieder (oder auch einmal die Geschäftsleitung) zu einer Antwort aufgefordert.
Selbstverständlich sollte sein: Alle ausreden lassen! Jede Frage und jede Meinungsäußerung ernst nehmen! Immer erst positiv reagieren! Besonders bewährt: die "Ja-aber"-Technik ("lch kann gut verstehen, dass du jetzt wütend auf den Betriebsrat bist, aber wenn du mal versuchst, dich in unsere Lage zu versetzen, dann...").
Vor Einem muss sich die Versammlungsleitung (und der Betriebsrat insgesamt) vor allem hüten: Fragen zu beantworten, die eigentlich an den Arbeitgeber gerichtet sind.
Dazu ein Beispiel: Es wird gefragt, warum denn eine Rationa­lisierungsinvestition überhaupt notwendig sei. Antwortet nun der Betriebsrat darauf, besteht die Gefahr, dass er jetzt an Stelle der Geschäftsleitung die wirtschaftliche "Zwangslage" erläutert, über Rentabilität und ähnliches redet, obwohl er, der Betriebsrat, eigentlich eine eher skeptische oder sogar ablehnende Haltung zu dem Vorhaben einnimmt. Dies sollte man unbedingt vermeiden...
Die Versammlungsleitung hilft allen, die nicht so redegewandt und rede­gewohnt sind. Drückt sich jemand etwas undeutlich aus, so wiederholt man noch einmal etwas klarer, was gemeint war.
Kommt keine Wortmeldung mehr, fasst die Versammlungsleitung die wichtigsten Punkte aus der Diskussion zusammen und leitet zügig zum nächsten Tagesordnungspunkt über.

Bleibt noch die Frage des Protokolls. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht für eine Betriebsversammlung kein Protokoll vor. Der Betriebsrat sollte sich auch gut überlegen, ob ein Protokoll von einer Betriebsversammlung überhaupt sinnvoll ist.

Bemerken die Arbeitnehmer, dass ihre Wortmeldungen mit protokolliert werden, ist dies in den meisten Fällen ein Hindernis dafür, dass sich überhaupt jemand zu Wort meldet; oder aber dass eine Diskussion nicht mehr offen geführt wird.

Damit nichts verloren geht, sollte sich der Betriebsrat darauf beschränken, zu den einzelnen Punkten lediglich Stichworte zu notieren.

Auf Tonaufzeichnungen sollte im Normalfall vollständig verzichtet werden. Sollte es doch einmal sinnvoll erscheinen, muss dies zu Beginn der Versammlung bekanntgegeben werden. Will ein Versammlungsteilnehmer nicht, dass seine Ausführungen aufgezeichnet werden, muss das Aufzeichnungsgerät vorübergehend ausgeschaltet werden.