§ 80 Abs. 3+4 BetrVG

Sachverständige "engagieren"

Grundsätzlich wird der Betriebsrat zunächst auf die Hilfe / Information sachkundiger Arbeitnehmer (§ 80 Abs. 2 BetrVG) zurückgreifen, ehe er einen externen Sachverständigen einschaltet.

Ist dies geschehen und hat der Betriebsrat weitergehenden Bedarf nach mehr (oder objektiverer) Information, dann hat er in jedem Fall das Recht, einen externen Sachverständigen eigener Wahl zu bekommen! Dies wird schon deshalb häufig nötig sein, weil z.B. ein im Haus beschäftigter IT-Experte zwar Auskunft über die funktionsweise einer neuen Software geben kann, aber keine Kenntnisse darüber besitzt, wie der Schutz der Arbeitnehmer vor einer unerwünschten Leistungskontrolle in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden kann.
Dabei gilt dann:

Wenn ein externer Sachverständiger keine Kosten verursacht (etwa weil er von der zuständigen Gewerkschaft geschickt wird), kann der Betriebsrat ihn ohne Weiteres einladen und muss über die Tatsache seines Kommens den Arbeitgeber lediglich informieren.

Etwas komplizierter ist das Verfahren, wenn ein externer Sachverständiger (z.B. ein Technologie- oder Rechtsberater) gegen Honorar tätig werden soll:
1. Schritt:
Zunächst muss der Betriebsrat in einer Betriebsratssitzung beschließen, einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen, weil er für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Dabei heißt "erfoderlich", dass man mit zwei bis drei Sätzen plausibel darlegen kann, waum ein externer Sachverständiger benötigt wird.

Wenn der Betriebsrat sich mit dem Thema "künstliche Intelligenz" (KI) befassen muss, ist keine Begründung der Erforderlichkeit notwendig. In diesen Fällen geht der § 80 Abs. 3 davon aus, dass die Erforderlichkeit gegeben ist.

2. Schritt:
Kontakt aufnehmen zur zuständigen Gewerkschaft. Die Rechtslage prüfen lassen und nach Empfehlungen fragen (es sei denn, der Betriebsrat hat zu einem bestimmten Fachgebiet bereits "seinen" Experten).
3. Schritt:
Kontakt zum Sachverständigen aufnehmen und die wichtigsten Fragen klären:
  • Hat der Sachverständige Zeit (und Lust)?
  • Versteht er etwas von dem anstehenden Problem?
  • Welche Kosten (Honorar, Fahrtkosten usw.) werden voraussichtlich entstehen?
  • Am Besten um einen Kostenvoranschlag bitten.
4. Schritt:
Beschluss des Betriebsrats, den Sachverständigen zu den besprochenen Bedingungen engagieren zu wollen. (Der Beschluss muss unbedingt gefasst werden! )
5. Schritt:
Mitteilung
dieses Beschlusses an den Arbeitgeber mit:
  • Information über die Aufgabe, die der Sachverständige übernehmen soll
  • die vorab besprochenen Bedingungen (Kosten; Kostenvoranschlag beifügen).
6. Schritt:
Klärung
mit dem Arbeitgeber, ob dieser bereit ist, den Sachverständigeneinsatz zu akzeptieren. Ist dies nicht der Fall, muss der Betriebsrat ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht einleiten.
Bei der Beratung mit dem Arbeitgeber geht es letztendlich um die Frage der Kostenübernahme und nicht um die Frage, ob der Betriebsrat fachlichen Rat benötigt. In der ständigen Rechtsprechung gehen die Gerichte davon aus, dass der Betriebsrat hinsichtlich der Frage, ob er fachlichen Rat benötigt, einen hohen Ermessensspielraum hat.

Ein Beispielschreiben (hier) zeigt, wie die Information an den Arbeitgeber aussehen kann...
Sonderfall: Im § 111 BetrVG ist geregelt, dass der Betriebsrat im Fall einer drohenden Betriebsänderung (z.B. umfangreiche Rationalisierungsmaßnahme) in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern einen Sachverständigen engagieren kann, ohne sich vorher mit dem Arbeitgeber zu verständigen!
Dass sich alle vom Betriebsrat engagierten Sachverständigen (sachverständigen Arbeitnehmer) an die gleiche Schweigepflicht halten müssen wie die Betriebsratsmitglieder, versteht sich von selbst - zumal die "Reichweite" der Geheimhaltungspflicht (siehe § 79 BetrVG) längst nicht so weit reicht wie oft angenommen wird...
Hinweis:
Benötigt der Betriebsrat einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, der ihm die Rechtslage zu einer bestimmten betrieblichen Situation darlegen soll (eine Art Rechtsgutachten also), handelt es sich um einen Sachverständigen. Hier hat also die vorherige Beratung mit dem Arbeitgeber (siehe oben) zu erfolgen.

Etwas anderes ist es, wenn der Betriebsrat das Arbeitsgericht anrufen will, um seine Rechte als Betriebsrat zu sichern oder durchzusetzen und hierzu einen Fachanwalt benötigt. Dieser ist in diesen Fällen dann nicht Sachverständiger sondern Rechtsbeistand. Eine vorherige Zustimmung durch den Arbeitgeber ist dann nicht notwendig.

§ 80 Abs. 3+4

(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.



Musterschreiben

Anforderung eines Sachverständigen hier