§ 100 BetrVG

Vorläufige Einstellung / Versetzung

Im Grundsatz muss der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Versetzung, Ein- und Umgruppierung informieren und darf die Maßnahme erst dann durchführen wenn der Betriebsrat seine Zustimmung gegeben hat oder wenn die Frist von einer Woche verstrichen ist. Hat der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert, muss der Arbeitgeber zum Arbeitsgericht gehen, mit dem Ziel, die Zustimmung des Betriebsrats durch einen Gerichtsbeschluss ersetzen zu lassen (§ 99 BetrVG).

Wenn es (nachweislich) wichtige betriebliche Gründe gibt, die es dem Arbeitgeber nicht erlauben, dieses normale Verfahren nach § 99 BetrVG durchzuziehen / abzuwarten, dann kann er im Falle von Einstellungen und Versetzungen diese auch als "vorläufige personelle Maßnahme" durchführen.
Diese Möglichkeit besteht aber nur bei Einstellungen und Versetzungen. Da Ein- und Umgruppierungen den Betriebs- / Arbeitsablauf nicht wesentlich beeinflussen, können sie nicht als "vorläufige personelle Maßnahme" durchgeführt werden.
Beispiele:
  • Grund für eine "vorläufige personelle Maßnahme" könnte z.B. sein, dass in einer für die Gesamtproduktion besonders wichtigen Abteilung ein personeller Engpass aufgetreten ist, der nur durch eine schnelle Versetzung / Einstellung beseitigt werden kann.
  • Ein wichtiger Grund könnte aber auch sein, dass ein seltener und dringend benötigter Experte sonst eine andere Stelle annehmen und damit dem Betrieb verloren gehen würde.
Da bei einer "vorläufigen personellen Maßnahme" immer die Möglichkeit besteht, dass sie zurückgenommen werden muss (siehe weiter unten), muss der betroffene Bewerber / Arbeitnehmer von der Vorläufigkeit seiner Einstellung / Versetzung informiert werden!
Für die vorläufige Durchführung einer unaufschiebbaren Einstellung / Versetzung ist ein kompliziertes "Ping-Pong-Verfahren" vorgeschrieben:
  1. der Arbeitgeber muss den Betriebsrat von seiner Absicht, die vorläufige Maßnahme durchzuführen, sofort informieren ("unverzüglich" - also ohne schuldhaften Verzögerungen)
  2. will der Betriebsrat dies nicht akzeptieren, informiert er davon den Arbeitgeber ebenfalls unverzüglich (Da der Betriebsrat erst eine Sitzung einberufen und einen Beschluss herbei führen muss, kann man in der Praxis davon ausgehen, dass die Mitteilung innerhalb von 3 Tagen erfolgt; Musterschreiben hier.)
  3. der Arbeitgeber muss daraufhin die Maßnahme innerhalb von drei Tagen wieder rückgängig machen, es sei denn, er schaltet das Arbeitsgericht ein
  4. will er das Arbeitsgericht einschalten, muss er dort ebenfalls innerhalb von drei Tagen zwei Anträge stellen: (a) den Antrag, das Gericht möge die Zustimmung des Betriebsrats zur personellen Maßnahme ersetzen, und (b) den Antrag, das Gericht möge feststellen, dass die vorläufig durchgeführte Maßnahme tatsächlich unaufschiebbar war
  5. daraufhin wird der Betriebsrat dann ebenfalls zwei Anträge beim Arbeitsgericht stellen: (a) den Antrag auf Aufhebung der vorläufigen personellen Maßnahme, und (b) den Antrag, dass die Maßnahme nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war
Wenn das Gericht dem Betriebsrat Recht gibt, dann muss die vorläufige personelle Maßnahme innerhalb von zwei Wochen nachdem die Entscheidung rechtskräftig geworden ist, beendet werden!
Dieses rechtlich komplizierte Verfahren wird ein Betriebsrat immer nur mit Unterstützung durch seine Gewerkschaft durchführen.

§ 100 Abs. 1-3

(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.
(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

Musterschreiben

Einer Dringlichkeit widersprechen:hier